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Melatonin als Schlafmittel: Helfen rezeptfreie Tabletten, Kapseln, Sprays und Schlafdrinks gegen Schlafstörungen?

medizinfuchs Redaktion

medizinfuchs Redaktion

Ein tiefer und erholsamer Nachtschlaf ist essentiell wichtig für ein langes, gesundes und aktives Leben. Schlafstörungen gehören jedoch bei vielen Menschen zur Tagesordnung. Bis zu 80 % der Erwerbstätigen in Deutschland leiden daran. Stress, Erkrankungen, psychische Belastungen sowie Außenreize sind ursächlich für die Ein- oder Durchschlafprobleme. Schlafmittel, insbesondere mit dem Wirkstoff Melatonin, können dagegen helfen.
Melatonin als Schlafmittel: Helfen rezeptfreie Tabletten, Kapseln, Sprays und Schlafdrinks gegen Schlafstörungen

Inhaltsverzeichnis

Was ist Melatonin und wodurch wird die Bildung beeinflusst?


Melatonin ist ein körpereigenes Hormon. Es wird in der Netzhaut des Auges (Retina), im Darm und v. a. in der Zirbeldrüse (Epiphyse) des Zwischenhirns gebildet. Bei dem Stoff handelt es sich um eine Abwandlung des Serotonins, welches als Neurotransmitter und Gewebshormon an vielerlei neurologischen Prozessen beteiligt ist. 

Melatonin wird als „Schlafhormon“ bezeichnet, da es einen hypnotischen und schlaffördernden Effekt aufweist. Vor allem die Tiefschlafphase soll durch das Hormon angestoßen werden [1].

Melatonin hilft direkt beim Einschlafen. Sinkt die Lichtintensität, wird es im Körper gebildet und führt zur Müdigkeit. Die höchste Konzentration ist gegen 3 Uhr morgens im Blut nachzuweisen. Sonnenlicht hingegen hemmt die Bildung des auch als „Sandmännchenhormon“ bezeichneten Melatonins.
 
Während Säuglinge nur sehr wenig Melatonin bilden, weisen 3- bis 4-jährige Kinder die höchste Konzentration auf. Ab der Pubertät sinkt die Bildung stetig ab, bis der Konzentrationsunterschied zwischen Tag und Nacht im hohen Alter komplett aufgehoben ist. Dies trägt ausschlaggebend zur Altersschlaflosigkeit bei.

Äußere Einflüsse wie Schichtarbeit und die Nutzung von Computer oder Fernseher am Abend können die Produktion von Melatonin stören und zu Schlafproblemen führen. Dies ist oft bei Jugendlichen mit einem gestörten Nachtschlaf zu beobachten.

Melatonin – ein Hormon für Schlaf und den Zellschutz

Melatonin ist hauptsächlich als Schlafhormon bekannt. Es weist aber auch einen ausgeprägten antioxidativen Effekt auf und wird häufig als Anti-Aging-Hormon bezeichnet. Hierüber schützt es die Körperzellen vor Schäden durch oxidativen Stress, der z. B. durch Umweltgifte und UV-Strahlung entsteht. Daher wird dem Melatonin ein schützender Effekt für Gehirnzellen zugeschrieben. Mehr noch: Es soll vor Parkinson, Alzheimer und Multipler Sklerose schützen. Auch die Herzzellen scheinen von dem Schlafhormon zu profitieren. So haben Patienten mit einer Herzgefäßerkrankung (KHK) gehäuft einen reduzierten Melatoninspiegel. Der antioxidative Effekt wirkt außerdem der Krebsentstehung entgegen. Melatonin wird deswegen auch als Begleittherapie bei Krebserkrankungen eingesetzt.

Melatonin als Schlafmittel

Melatonin als Schlafmittel


Die therapeutische Nutzung von Melatonin als Schlafmittel ist noch neu. Erst im Jahr 2007 wurden Melatonin-Präparate für die Kurzzeitbehandlung der Schlafstörungen bei Personen im Alter von über 55 Jahren von der Europäischen Arzneimittelkommission zugelassen. Seit Neuestem wird es bei Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung und ADHS angewendet. Über die effektive Wirksamkeit der Melatonin-Präparate wird in der Wissenschaft aktuell intensiv geforscht. Unter einer primären Schlafstörung werden Formen der Schlaflosigkeit verstanden, die ohne eine bestimmte medizinische und psychiatrische Ursache oder Außenreize auftreten. Die Ergebnisse bezüglich primärer Schlafstörungen weisen insgesamt auf einen positiven Effekt einer Melatonin-Therapie hinsichtlich der Dauer des Einschlafens, des Gesamtschlafes und der allgemeinen Schlafqualität hin.

Bezüglich des sogenannten „Jetlags“, also Schlafstörungen im Rahmen eines Zeitzonen-Wechsels, konnten Studien aus den USA einen vorbeugenden Effekt durch eine Melatonin-Einnahme nachweisen [2]. Auch einen förderlichen Effekt auf die Schlafdauer bei Schichtarbeitern am Tag nach einer Nachtschicht konnte in einer wissenschaftlichen Untersuchung nachgewiesen werden [3]. Eine Metaanalyse, in der insgesamt 12 Studien zur Wirkung des Schlafhormons bei Erwachsenen mit Schlafstörungen ausgewertet wurden, zeigte v. a. einen positiven Effekt des Melatonins hinsichtlich der Einschlafdauer. Diese wurde nachweislich verkürzt [4]. Eine weitere Meta-Untersuchung von Studien an Kindern und Erwachsenen mit primären Schlafstörungen wies einen positiven Effekt von Melatonin auf alle 3 Schlafparameter nach: So verkürzte es in der Studie die Einschlafzeit, verlängerte die Schlafdauer und steigerte die Schlafqualität [5].

Melatonin als Alternative zu Schlafmitteln mit Suchtgefahr

40 % der Erwachsenen mit Schlafproblemen lassen sich Medikamente zur Schlafförderung verschreiben. Hierbei handelt es sich häufig um Substanzen der Klasse der „Benzodiazepine“. Diese verbessern zwar die Schlafqualität, weisen aber auch ein erhebliches Suchtpotential auf. Dies ist bei der Einnahme von Melatonin als Schlafmittel nicht zu erwarten.

Melatonin-Tabletten: Verschreibungspflichtige Schlafmittel


Bei dem erstmals 2007 zugelassenen Melatonin-Tabletten handelt es sich um Circardin®. Dieses Mittel dient bis heute der Behandlung einer primären Schlafstörung bei Erwachsenen ab 55 Jahren. Diese Melatonin-Tabletten sind verschreibungspflichtig und für die Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen gedacht. Die Anwendung von Melatonin-Schlafmitteln ist bei Beachtung der Dosierung und unter Kontrolle des Melatonin-Spiegels in der Regel nebenwirkungsfrei. Gelegentlich bis selten kommt es zu Nebenwirkungen, welche sich v. a. als Hauterscheinungen, Aktivitätsveränderungen und Überempfindlichkeitsreaktionen äußern.
Epileptiker sollten vorsichtig mit dem Gebrauch sein, da ein Zusammenhang einer hohen Melatonin-Konzentration mit epileptischen Anfällen vermutet wird.
Melatonin als Schlafmittel: Tabletten, Kapseln, Sprays und Schlafdrinks gegen Schlafstörungen

Rezeptfreies Melatonin gegen Schlafstörungen: Melatonin-Tabletten und Co.

Es sind zahlreiche rezeptfreie Melatoninpräparate als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Diese liegen in unterschiedlichen Darreichungsformen vor. Hierzu zählen:

  • Melatonin-Tabletten
  • Melatonin-Kapseln
  • Melatonin-Drinks (Schlafdrinks)
  • Melatonin-Sprays

Das in diesen rezeptfreien Schlafmitteln enthaltene Melatonin wird aus melatoninhaltigen Pflanzen extrahiert. Häufig sind den Präparaten, insbesondere bei Melatonin-Kapseln und flüssigen Schlafdrinks, noch weitere schlaffördernde Pflanzenwirkstoffe beigemengt. Hierzu zählen insbesondere Stoffe aus Hopfen, Melisse und Baldrian.

Die Melatonin-Sprays und Schlafdrinks sind besonders für Personen, mit Problemen beim Tablettenschlucken geeignet. Die Melatonin-Sprays sind oftmals zusätzlich mit einem angenehmen Minzaroma versetzt, sodass sie zeitgleich für einen angenehmen frischen Atem sorgen. Melatonin-Tabletten und Melatonin-Kapseln haben den Vorteil, dass der Wirkstoff sehr genau dosiert werden kann. Außerdem ist durch die Herstellung der Präparate die Möglichkeit einer verzögerten Freisetzung gegeben.

Melatonin-Test

Eine Untersuchung der Melatonin-Konzentration im Speichel kann den Hinweis darauf liefern, ob ggf. ein Mangel an Melatonin die Ursache von Schlafproblemen ist. So kann entschieden werden, ob ein Behandlungsversuch mit rezeptfreien oder verschreibungspflichtigen Schlafmitteln auf Melatonin-Basis sinnvoll ist.

Die Konzentration des Schlafhormons kann ärztlich anhand von Blutproben, im Speichel oder im Urin bestimmt werden. Besonders einfach geht es mit Melatonin-Speicheltests für den Eigengebrauch. Hier wird zumeist nachts eine Speichelprobe genommen und an ein Labor übermittelt. Dieses sendet dem Betroffenen nach der Auswertung das Ergebnis mit entsprechenden Handlungsempfehlungen zu. Eine Abklärung schwerer und langanhaltender Schlafstörungen sollte dennoch immer beim Hausarzt erfolgen.

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Quellen

Quellen

1: Claustrat, B.; Leston, J.: Melatonin: Physiological effects in humans. Neurochirurgie 2015; 61: 77–84
2: Herxheimer, A.; Petrie, K. J.: Melatonin for the prevention and treatment of jet lag. Cochrane Database of Systematic Reviews 2002: 2. CD001520
3: Liira, J.; Verbeek, J.H.; Costa, G.; et al.: Pharmacological interventions for sleepiness and sleep disturbances caused by shift work. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014: 8. CD009776.pub2
4: Auld, F.; Maschauer, E. L.; Morrison, I.; Skene, D. J.; Riha, R. L.: Evidence for the efficacy of melatonin in the treatment of primary adult sleep disorders. Sleep Med Rev 2017; 34: 10–22
5: Ferracioli-Oda, E.; Qawasmi, A.; Bloch, M. H.: Meta-analysis: melatonin for the treatment of primary sleep disorders. PLoS One. 2013;8(5):e63773. Published 2013 May 17. doi:10.1371/journal.pone.0063773

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